Wohnbebauung 3 Schwestern
Bauherr
Bauverein Reiherstieg eG, Hamburg
Architekt
Renner Hainke Wirth Zirn Architekten GmbH, Hamburg
Tragwerksplanung
HKS – Ingenieurbüro für Bauwesen, Hamburg
Die Freiraumplaner
HUNCK+LORENZ FREIRAUMPLANUNG, Hamburg
Architekturfotografie
Laudatio
Heute stehen wir hier, um ein bemerkenswertes Bauwerk zu würdigen, das nicht nur architektonisch herausragend ist, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zum klimaneutralen, flächeneffizienten und kostengünstigen Bauen und Wohnen in unserer Stadt leistet: Das Gebäude-Ensemble „Drei Schwestern“ so nennen sich die Neubauten vom Architekturbüro Renner Hainke Wirth Zirn (RHWZ) aus Hamburg.
Kleiner Exkurs:
„Die drei Schwestern“ ist ein berühmtes Drama von Anton Tschechow, das erstmals 1901 aufgeführt wurde. Das Stück behandelt Themen wie unerfüllte Träume, Melancholie, die Suche nach Sinn im Leben und zwischenmenschliche Beziehungen. Beste Namenspatronen für ein Wohnquartier in dem allen diesen menschlichen Themen Raum gegeben wird.
Auf dem Geesthang in Harburg-Wilstorf entstand in den 60er Jahren ein modernes Wohnquartier nach der Maxime der „aufgelockerten Stadt“ aus Gebäuderiegeln und Punkthäusern als Geschosswohnungsbau, die in relativ großem Abstand zwischen der Bahntrasse und dem Außenmühlenteich verteilt wurden.
An der Ecke Reeseberg und Wasmerstraße konnte die Baugenossenschaft Reiherstieg auf dem Grundstück des ehemaligen Supermarktes mit einem modernen 4 - 5geschossigen Wohnungsbau das aufgelockerte Ensemble passend verdichten.
Auf einem Grundstück von etwa 1.826 m² entstand ein Ensemble aus drei rautenförmigen Gebäuden, das sich harmonisch in die heterogene Nachbarschaft einfügt.
Sie stehen da, einander zugewandt, offen und einladend, als wären sie schon immer da gewesen. Durch die drei rautenförmigen Baukörper entstehen interessante Durchblicke und in der Mitte des Ensembles ein kleiner Platz, mit einer großen Linde als Bestandsbaum, die den Ort prägt, schützt und natürlich in heißen Sommern ein willkommener Schattenspender ist. Die Integration von bestehenden Bäumen in die Bauplanung zeugt von einem respektvollen Umgang mit der Natur und trägt zur Schaffung eines gesunden Wohnklimas bei.
Die eingeschnittenen Eingangsbereiche sind mit einer Natursteinfassade verkleidet. Die Funktionen Sichtbarkeit, Wetterschutz und einladende Geste werden hier auf schlichte schöne Art miteinander verbunden.
Im inneren der Eingangsbereiche begrüßen jeden Besucher des Hauses raumhohe, große Spiegel, die Wertigkeit ausstrahlen und die Treppenräume mit Ihrer warmen Farbgebung und den strukturierten Fliesenstreifen im Kellerabgang zu großzügigen Erschließungsräumen machen.
Die durchdachte Planung der drei Wohngebäude, die sich um einen zentralen Treppenraum gruppieren, ermöglicht eine effiziente Erschließung der 37 Wohnungen.
Die Vielfalt der Wohnungstypen, von Zwei- bis Vierzimmerwohnungen, sorgt dafür, dass hier Menschen unterschiedlichster Lebenssituationen ein Zuhause finden können. Besonders hervorzuheben ist der 30%ige Anteil an mietpreisgebundenen Wohnungen, der sozialen Wohnraum schafft und die Nachbarschaft bereichert.
Die architektonische Gestaltung der Fassaden ist ebenso bemerkenswert. Die Verwendung von individuell gekantetem Aluminiumblech als Vorhangfassade, kombiniert mit bodentiefen Fenstern, schafft nicht nur ein ansprechendes Erscheinungsbild, sondern sorgt auch für eine helle und freundliche Atmosphäre in den Wohnungen. Die harmonische Farbgebung und die geschickte Anordnung der Fensteröffnungen verleihen den Gebäuden eine zeitgemäße Eleganz, die sich perfekt in das urbane Umfeld einfügt.
Die Balkone wurden mit viel Liebe zum Detail in die Fassade eingebunden, zur Straßenseite als Loggien, zur Hofseite als auskragende vorgehängte Balkone, ein in sich stimmiges Gesamtbild.
Wie ein champagnerfarbener Nadelstreifenanzug lässt die Aluminiumfassade die drei Schwestern in ihrem Umfeld glänzen, bei der Städtebauparty vom Reeseberg sind die drei Schwestern die späten schönen Gäste.
Ein besonders wertvoller Bestandteil dieses Quartiers ist die im Erdgeschoss von Haus 3 untergebrachte Kita. Mit Platz für 34 Kinder wird sie nicht nur das neue Quartier beleben, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur frühkindlichen Bildung leisten. Die direkte Anbindung an einen großzügigen Gartenbereich ermöglicht den Kindern, die Natur spielerisch zu entdecken und sich in einem sicheren Umfeld zu entfalten.
Die gelungene Verbindung von Geschosswohnungsbau und Kita zeigt nicht nur architektonische Vielfalt, sondern auch den Willen, ein lebendiges und funktionales Wohnumfeld zu schaffen.
Darüber hinaus erfüllt das Wohnquartier höchste Standards in Bezug auf Energieeffizienz. Die Gebäude wurden im KfW-Effizienzhaus-55-Standard errichtet und verfügen über ein durchdachtes Energiekonzept, das auf nachhaltige Wärmeversorgung setzt. Die Kombination aus Luft-Wärmepumpe und Gas-Brennwert-Therme zeigt, dass hier zukunftsorientiertes Denken und ökologisches Bewusstsein Hand in Hand gehen.
Insgesamt ist das Wohnquartier „drei Schwestern“ ein herausragendes Beispiel für modernen Wohnungsbau, der nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch funktional und nachhaltig ist.
Es schafft Lebensqualität, fördert nachbarschaftliches Miteinander und trägt zur sozialen Vielfalt bei.
Lassen Sie uns gemeinsam die Errungenschaften dieses Bauwerks feiern und die positiven Impulse würdigen, die es für unsere Stadtentwicklung mit sich bringt.
Im Namen des AIV danken wir den Initiatoren, Planern und Baubeteiligten sehr herzlich!
Fiona Krauß
Hamburg, im Oktober 2024