Pausenhalle der Grundschule Buckhorn
Bauherr
SBH Schulbau Hamburg
Architekt
Heider Zeichardt Architekten, Hamburg
Tragwerksplanung
Ingenieurbüro Dr. Binnewies, Hamburg
Architekturfotografie
Ralf Buscher
Laudatio
Vor ein paar Wochen hat der Schulsenator dieser Stadt die 111. Schulmensa eingeweiht. Eine gewaltige Anzahl seit Einführung der offenen Ganztagsschulen im Jahr 2011. Man sollte meinen, dass damit auch eine gewisse Vereinheitlichung einhergehen könnte, das Gegenteil ist der Fall: Auch wenn scheinbar vieles, was beim Schulbau im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zu kurz gekommen war, nun nachgeholt werden konnte, gab es bei den eigentlichen „Bauherrn“, den Schulen, unterschiedliche Schwerpunkte – und die animieren offenbar gute Architekten zu immer neuen Gestaltungsideen.
Suchen Sie einmal den Eingang zu einer Pavillonschule aus dem Formenkanon der der 1970/80er Jahre ! Um eine solche Schule handelt es sich hier: Es brauchte schon ein großes, auffallend blaues Schild, um den Besucher zu lenken und das durch üppig wachsendes Grün überwucherte und fast geheimnisvoll erscheinende Ordnungssystem der Einzelgebäude für Klassen, Vorschule und Verwaltung zu erkennen. Immerhin gab und gibt es hier immer noch das offene Quarrée der Laubengänge, an dem fast alle Gebäude angebunden sind.
Als die Grundschule Buckhorn zu einer „offenen Ganztagsschule“ erklärt wurde, sollten deshalb mit dem notwendig gewordenen Bau für die „Essensversorgung“ gleichzeitig weitere „Fehlstellen“ geschlossen werden. Man benötigte neben der Mensa auch eine Fläche für die Nachmittagsbetreuung, eine Halle für die „Schlecht-Wetter-Pause“ und vielleicht auch so etwas wie die gute alte Aula, wo Feste begangen oder Schulaufführungen einem größeren Publikum gezeigt werden können. Auch die Bibliothek sollte einen neuen Raum bekommen. Und es sollte ein neuer „Ankunftsort“, der den Eingang des bestehenden Netz der Laubengänge markiert, geschaffen werden.
Die Architekten setzten der Vielfalt der nun schon historisch zu nennenden Pavillons und Zweckbauten eine einfache Form entgegen: Ein Rechteck mit einem flachen, weit überschießenden Dach, das mit seiner Höhe, seiner durch die unterschiedlich großen Oberlichter erreichten Leichtigkeit beeindruckt und so eine Eingangssituation schafft, die eigentlich des Schriftzuges am Dachrand gar nicht mehr bedarf.
Eine Herausforderung für die Ingenieure, die im Tragwerk die traditionelle Form des Fachwerkträgers verwendeten.
Der Grundriss spiegelt die unterschiedlichen Nutzungsanforderrungen. Die Architekten nennen den nach dem „Herausschneiden“ der verschiedenen Nebennutzungen, wie Küche, Hausmeisterraum, die Garderobe mit WC's, Bibliothek und Büro mit Fenster zur Beobachtung des Eingangs, verbliebenen „Restraum“ einen „konstellativen Raum“ mit taschen- und nischenartigen Aufweitungen. Dieser aus der Philo-Psychologie entlehnte Ausdruck meint einen scheinbar beziehungslosen, tatsächlich aber auf subtile Weise zusammenhängenden Raum – ein Wort und seine Bedeutung, die ich erst durch intensives „Googlen“ erklärt bekommen habe.
Aber da ist schon etwas dran: Durch die mit den Oberlichtern korrespondierenden Rundungen der abgetrennten „Nutzräume“ gewinnt der Hauptraum eine Athmosphäre der Weite mit einer gewissen Unbestimmtheit, die durch das Fehlen von Ecken und Kanten entsteht, an denen sich das Auge orientiert und Halt findet. Dort wo tatsächlich Ecken sind, öffnen geschosshohe Fenster den Blick nach Osten – zu den anderen Himmelsrichtungen sind sie immer noch hoch genug – und auch die Möglichkeit des Aussteigens in die Schullandschaft, wo ein Spielplatz für die Vorschulkinder die Schön-Wetter- Alternative bietet.
So, wie die einfache, aber durchaus nicht simpel daherkommende Entwurfsidee ist auch die technische Ausführung: Kein kompliziertes, und damit anfälliges Lüftungssystem, sondern eine natürliche Durchlüftung durch querlüftende Fensterflügel und Oberlichtklappen. Low-tech statt High-tech! Auch diesen Spruch habe ich entlehnt bei den Architekten, die damit nur beweisen, dass sie überlegt gehandelt haben, auch wenn es vielleicht nur die „Einsicht in die Notwendigkeit“, sprich Sparsamkeit, gewesen sein könnte.Und noch einmal die Architekten, die auf die Nutzungsvielfalt anspielen:
Spaghetti trifft Jogamatte
Theatergruppe auf Tischtennisturnier
So weit das Zitat, das ich ergänze: Wohlüberlegte Grundrissstruktur und bescheidene, einfache Architekturformen treffen auf das gewachsene Konglomerat einer über Jahre dauernd weitergebauten Schule und geben diesem Halt und Geschlossenheit. Und das alles ohne großen Aufwand und gestalterische Fanfarenstöße. Deshalb hat der Architekten- und Ingenieurverein Hamburg dieses Gebäude als Bauwerk des Jahres 2013 ausgezeichnet.
Gerhard Hirschfeld
Im Oktober 2014