Barrierefreier Ausbau der U-Bahn-Haltestellen Rathaus und Mönckebergstraße

Barrierefreier Ausbau der U-Bahn-Haltestellen Rathaus und Mönckebergstraße -

Bauherr

Hamburger Hochbahn AG

Architekt

Blunck + Morgen Architekten, Hamburg

Tragwerksplanung

WTM Engineers GmbH, Hamburg

Bauwerksplanung

WTM Engineers GmbH, Hamburg

Architekturfotografie

Jakob Börner, Hamburg

Laudatio

Wo ist denn hier dieses Bauwerk des Jahres zu sehen? Das Rathaus und das Levantehaus kennt man doch? Komisch! Ich sehe gar nix!

Alles richtig gemacht! Lob an die Kolleginnen und Kollegen! Denn durch diese transparente Aufzugsausbildung und konsequente Minimierung der Materialien sowie des Volumens wurde eine faszinierende städtebaulich und denkmalpflegerisch verträgliche Lösung entwickelt. Das Erscheinungsbild der Aufzugsschächte ist sehr zurückgenommen und respektiert auf diese Weise die historische und prominente Nachbarschaft.

Doch das ist bei weitem noch nicht alles, wodurch sich dieses Bauwerk des Jahres auszeichnet.

Natürlich sind auch die U-Bahn Haltestellen Rathaus und Mönckebergstraße sehr historisch!

Wir reisen kurz in die Vergangenheit.

Hamburg war bereits Anfang des 20. Jahrhunderts eine aufblühende Stadt mit großer Wirtschaftsentwicklung. Die Hansestadt hatte einen der bedeutendsten Häfen weltweit, die Bevölkerung wuchs im Jahr 1900 auf fast eine Million Menschen. ÖPNV gab es auch schon – bereits seit 1839 fuhren Pferdeomnibusse, die allmählich von Straßenbahnen abgelöst wurden. Das Streckennetz war mit 294 Kilometern im Jahr 1902 schon sehr gut ausgebaut. Die Fahrzeiten waren jedoch zu lang und die Preise so hoch, dass sich gerade die gering verdienenden Tagelöhner das nicht leisten konnten und den Arbeitsweg zu Fuß bestritten, was oft mehrere Stunden täglich dauerte.

Es musste ein modernes Verkehrssystem, das viele Menschen schnell transportieren konnte, her.

Der Bau der Ringlinie – die heutige U3 - war die Lösung und die erste U-Bahnlinie in Hamburg! Teil dieser Ringlinie sind die Haltestellen Rathaus und Mönckebergstraße, die früher übrigens einmal Barkhof hieß.

Auch zu dieser Zeit wurde auf die architektonische Gestaltung der Haltestellen geachtet. Wenn es bereits Bebauung im Umfeld gab, passten sich die Haltestellen dieser stilistisch an. Wo Freiräume möglich waren, wurden bei den Haltestellen auch neue architektonische Akzente gesetzt. Die Haltestellen Rathaus und Mönckebergstraße folgten ebenfalls diesem Prinzip und wurden architektonisch hochwertig gestaltet.

Die beiden Haltestellen wurden 1912 in Betrieb genommen. Die Baukonstruktionen basieren immer noch auf der damaligen Baukunst.

An Aufzüge und Barrierefreiheit hat zu der Zeit allerdings noch niemand gedacht.

Doch im Jahr 2022 änderte sich dieses!

Im Rahmen des barrierefreien Ausbaus wurden die historischen U-Bahnhaltestellen Rathaus und Mönckebergstraße im Jahr 2022 mit Aufzügen ausgestattet und hieraus resultierende Erweiterungen und Umstrukturierungen der Technik und Nebenräume vorgenommen.

Ferner wurden in der Mönckebergstraße am östlichen Ende der Haltestelle Schalterhallen und Treppenzugänge ergänzt sowie die Seitenbahnsteige auf ganzer Länge ersetzt.

Die Funktionalität muss stimmen, aber auch das Erscheinungsbild! Das ist hier gelungen. Beide Haltestellen wurden vollständig modernisiert und alte Schätze wieder hervorgeholt.

Die historischen Kassettendecken sind definitiv ein Schatz, die bislang durch abgehängte Decken versteckt waren. Diese wurden wieder freigelegt und mit entsprechender Beleuchtung ins rechte Licht gerückt.

Um dieses umzusetzen, mussten umfangreiche Eingriffe in der Bestandskonstruktion gemacht werden. Diese erfolgten zum Teil auch von oben oder von der Seite. Hierfür mussten aufwändig ausgesteifte Baugruben mit Trägerbohlwandverbau und bei der Haltestelle Rathaus eine lokale, temporäre Grundwasserabsenkung ausgeführt werden. Auch die Herausforderung, den Lückenschluss zwischen Neubau und Bestand zu schließen, musste bewältigt werden.

Wer sich schon mal mit Bauen im historischen Bestand befasst hat, kennt die großen Herausforderungen und komplexen Anforderungen. Die alten Tragkonstruktionen entsprechen oftmals nicht mehr dem heutigen Stand der Technik. Sie wissen zum Glück auch nicht, dass es inzwischen den Eurocode gibt. Man muss den Spagat zwischen alten Gegebenheiten und neuen Anforderungen aus dem Betrieb, Lasten sowie Sicherheitsanforderungen und dem Komfort für die Fahrgäste meistern, ohne dabei den Sinn für Ästhetik zu verlieren.

Aber diese Herausforderungen allein reichten hier noch nicht.

Der Um- und Ausbau der teilweise über 100 Jahre alten Haltestellen erfolgte auch noch in einem äußerst sensiblen Umfeld: Geschäfte, Cafés, Kultimbiss, denkmalgeschützte Bauwerke und auch noch Politik. Wenn man so nah am Rathaus baut, steht man unter Beobachtung - ganz klar.

Diese Herausforderungen und die ganzen Fragestellungen können nur gemeinsam „Hand in Hand“ mit der Bauherrin, Planern und Behörden – hier natürlich insbesondere dem Denkmalschutzamt - gemeistert werden.

Wo können die Aufzüge denn nun im öffentlichen Raum platziert werden und wie sehen sie aus? Keine leichten Fragen und definitiv gibt es darauf keine Standardantworten!

Hier wurden Lösungen und Antworten auf alle Fragen gefunden und realisiert!

Nächster Halt: Rathaus und Mönckebergstraße! Immer gern!

Es macht Freude zu sehen, wie ansprechend diese Haltestellen geworden sind, insbesondere wenn man weiß, welche Leistung sich dahinter verbirgt.

Gudrun Karpa
Hamburg, im Oktober 2023

Barrierefreier Ausbau der U-Bahn-Haltestellen Rathaus und Mönckebergstraße -
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2022

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